Petra Oelker: Das klare Sommerlicht des Nordens

Oelker_SommerlichtEin unspektakulärer, aber gut lesbarer historischer Frauenroman.

Petra Oelker erzählt die Geschichte zweier Hamburgerinnen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts ihr Leben unkonventionell gestalten wollen. Da ist zum einen die wohlhabende Sidonie Wartberger, die sich zur Malerin berufen fühlt, stattdessen aber in einer beengenden Ehe gefangen ist. Die andere Hauptfigur ist Dora Lenau, eine talentierte Näherin, die gern eigene Mode entwerfen möchte. Zufällig kreuzen sich die Wege der beiden jungen Frauen…

Ein netter Roman zum abendlichen Schmökern – die Handlung plätschert so vor sich hin, man bekommt einen guten Einblick in den Zeitgeist und die Stimmung der Jahrhundertwende. Eine überaus entspannende Lektüre.

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Maxim Leo: Waidmannstod

Leo_WaidmannstodDieser Blog-Eintrag ist ein Beleg dafür, dass es wesentlich besser ist, gleich nach Beendigung eines Buches darüber zu schreiben.

Ich habe diesen Krimi schon vor ein paar Wochen gelesen und kann mich kaum noch an den Mord (oder den Täter) erinnern…

Woraus man zwei Dinge ableiten kann: Im Alter wird das Gedächtnis nicht besser. Und: Das Buch hat mich nicht so wahnsinnig beeindruckt.

Was bei mir in Erinnerung geblieben ist: Ein Kommissar kehrt in das brandenburgische Städtchen seiner Jugend zurück, wohnt sogar wieder in seinem damaligen Kinderzimmer. So kann er sich um seine kranke Mutter kümmern, unterstützt von der hübschen Pflegekraft Maja. Doch schon bald geschieht der erste Mord: Ein Jäger wird, auf waidmännische Art zur Strecke gebracht, aufgefunden. Und es bleibt nicht bei dem einen Opfer.

Solide deutsche Krimikost mit einem sehr menschlichen, sehr sympathischen Ermittler.

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Wolf Haas: Brennerova

Haas_BrennerovaOb du es glaubst oder nicht. Der Brenner hat die Nadeshda geheiratet. Eine Wahnsinnsschönheit aus Nischni Nowgorod. Das war die Idee von der Herta, weil sonst die Nadeshda kein Aufenthaltsrecht in Wien, Scheinehe Hilfsausdruck.

Dabei muss die Nadeshda doch unbedingt ihre kleine Schwester Serafima finden. Also hat sich der Brenner im Rotlichtviertel umgehört. Und was meinst du, da ging es richtig los. Abhackte Hände, ein paar Leichen, quasi ins Wespennest gestochen. Aber so ein Brenner ist ja nicht auf den Kopf gefallen.

Und mit der Entführung der Herta in der Mongolei, das macht der noch so nebenbei, so ein paar Geiseln rauspauken. Aber nicht das du denkst, der Brenner steht bei allem fein da. Er wird doch glatt in Moskau von ein paar Kindern verprügelt. Aber das musst du am besten selbst lesen…

Einfach großartig! Darauf haben die Wolf-Haas-Fans lange gewartet! Für mich ein Höhepunkt in diesem Herbst. Ich habe mich (wie bei allen anderen Brenner-Krimis auch) köstlich amüsiert. Haas ist einfach eine Klasse für sich – auch als Vorleser des Hörbuchs!

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Was ich in diesem Herbst nicht lesen werde

Eine Flut neuer Bücher wartet darauf, gelesen zu werden. Eigentlich sollte ich das Schlafen vorübergehend einstellen.

Dennis Gastmann („In 80 Fragen um die Welt“) hat etwas Neues geschrieben, außerdem reizen mich „Gibt es alles oder nichts“ von Jim Holt und immer noch „Das hohe Haus“ von Roger Willemsen. Und der neue Seethaler. Und der neue Wolf Haas sowieso. Und, und, und…

Immer wieder entdeckt man in den Verlagsvorschauen neue, interessante Titel. Oder bekommt heiße Tipps von Kolleginnen.

Da ist man geradezu erleichtert, wenn einem Ankündigungen ins Haus flattern, bei denen man sofort weiß: Das muss ich garantiert nicht lesen! Zum Beispiel von Bastei Lübbe. Zitat: „Bitte berücksichtigen Sie die Novitäten unserer prominenten Autoren Motsi Mabuse, Bettina Zimmermann, Hubertus Meyer-Burckhardt (Wer zum Teufel ist das? – Anm. d. Verf.) und Udo Walz.“

Fehlt nur noch, dass Dieter Bohlen und Verona Feldbusch Bücher schreiben! Ach nee, haben sie ja schon…

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Christopher Morley: Das Haus der vergessenen Bücher

Morley_HausErschienen bereits 1919, wurde das Buch des Journalisten und Literaturkritikers Christopher Morley nun wiederentdeckt.

Eine schon irgendwie leidlich nette, schnurrige Geschichte um einen Antiquar, der in einen Kriminalfall verwickelt wird. Bin allerdings mit dem Buch nicht richtig warm geworden: Der Titel ist irgendwie unpassend, die Spannung nur mäßig. Bücherfreunde werden allenfalls an den vielen Zitaten und literarischen Anspielungen Freude haben.

Dann doch lieber „Der Club Dumas“ von A. Perez-Reverte. (Ein Hoch auf die „Harpuniere von Nantucket“!)

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Keigo Higashino: Verdächtige Geliebte

Higashino_GeliebteEinen so interessanten Krimi habe ich schon lange nicht mehr gelesen!

Als LeserIn kennt man die Täterin und hofft, dass sie nicht erwischt wird. Denn erstens ist Yasukos erwürgter Exmann nicht gerade ein Sympathieträger und zweitens gibt sich ihr Nachbar, der hochbegabte Mathematiker Ishigami, so unglaublich viel Mühe, ihr das perfekte Alibi zu verschaffen.

Doch während sich die Polizei noch einigermaßen leicht täuschen läßt, kommt ein Freund des ermittelnden Kommissars ins Grübeln. Der Physikprofessor Yukawa wird hellhörig, als er von diesem Fall erfährt. Er kennt Ishigami aus seiner Studienzeit und weiß, wozu dieser brilliante Kopf fähig ist…

Was wie ein raffinierter Krimi beginnt, bekommt bald die Ausmaße einer Tragödie. Sehr clever, sehr japanisch!

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Thomas Montasser: Ein ganz besonderes Jahr

Thomas Montasser: Ein ganz besonderes JahrValerie hat BWL studiert und bekommt plötzlich die Gelegenheit, ihr theoretisches Wissen in die Praxis zu übertragen: Ihre Tante ist spurlos verschwunden, und Valerie soll sich nun um die Buchhandlung „Ringelnatz & Co“ kümmern.

Betriebswirtschaftlich gesehen ist der Laden ein Alptraum. Valerie will ihn abwickeln. Doch die Buchhandlung entfaltet geradezu magische Kräfte: Valerie verliert sich im Lesen. (Was das Buchcover wohl bildlich darstellen soll 😉 )
Zudem taucht ein interessanter junger Mann auf, der ebenfalls Bücher liebt.

Eine ganz reizende Geschichte. Es ist entzückend, wie  Thomas Montasser über Buchhändlerinnen und Buchhandlungen schreibt. Allerdings kam mir auch manchmal irgendwie der Gedanke, dass er sich mit diesem Buch bei denen einschleimt, die es letztendlich verkaufen sollen. (Vielleicht ist das jetzt zu hart. Aber schwärmerische Bücher gehen mir meist auf die Nerven*, siehe „Das Lavendelzimmer“)

* Ausnahme: „Der entzauberte Regenbogen“. Wenn Richard Dawkins die Poesie der Naturwissenschaften preist, bin ich fast zu Tränen gerührt 😉

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Walter Kirn: Blut will reden

Kirn_BlutDer Deutsche Christian Gerhartsreiter wurde in den USA im Jahre 2013 wegen Mordes verurteilt. An sich nichts Besonderes, wären nicht die Umstände so seltsam.

In Amerika gab sich Gerhartsreiter als „Clark Rockefeller“ aus, heiratete eine reiche Erbin und täuschte jahrzehntelang sein Umfeld mit teilweise abenteuerlichen Geschichten.

Der Schriftsteller Walter Kirn, der mit dem Mörder persönlich bekannt, ja sogar befreundet war, hat nun ihre gemeinsame Geschichte erzählt.

Dabei analysiert Kirn genau, wie er und andere auf den angeblichen Rockefeller hereingefallen sind. Als echter Soziopath hatte Gerhartsreiter eine enorme Fähigkeit zur Manipulation von Menschen.

Dass der Autor schon Drehbücher für Hollywood-Filme verfasst hat, merkt man dem Buch an. Er baut geschickt Spannung auf, obwohl der Leser ja schon weiß, wie die Geschichte endet. Ein wahrer Krimi!

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Jennifer Gooch Hummer: Der Sommer, als Chad ging und Daisy kam

Gooch_SommerDas Jugendbuch erzählt eine Geschichte, die in den 1980er Jahren spielt, von der ich aber nicht sicher bin, ob sie heutige Jugendliche interessiert.

Die 13-jährige Apron hat viel zu verkraften: Ihre Mutter ist gestorben, die neue Frau ihres Vaters zieht bei ihnen ein – und ausgerechnet jetzt lässt ihre beste Freundin sie fallen, um sich einer Clique der „angesagten“ Mädchen anzuschließen.

Gut, dass Apron zufällig Chad und Mike kennenlernt, die ihr einen Aushilfsjob in ihrem Blumengeschäft anbieten. Doch auch dort muss sie sich mit schlimmen Ereignissen auseinandersetzen: Der Laden wird das Ziel von schwulenfeindlichen Angriffen, außerdem ist Chad an Aids erkrankt…

Eine mitunter ziemlich düstere „Coming-of-Age“-Story. Dass sich ein schwules Pärchen ausgerechnet mit einem Teenager anfreundet, fand ich nicht so besonders glaubhaft. Die Atmosphäre der Achtziger mit ihrer Aids-Hysterie ist allerdings einigermaßen getroffen.

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(Off-Topic) Mein Buchprojekt

Sollte ich jemals ein Buch herausgeben, würde es „Der eigenwillige Humor der NordWestBahn* – Erlebnisse einer Pendlerin“ heißen.

Als Kostprobe hier die Titelgeschichte:

Montagabend, 18.45 Uhr. Am Mittag, als ich zur Arbeit fuhr, war das Wetter noch leidlich schön. Jetzt regnet es. Ich habe keine Lust, die neun Kilometer nach Hause zu radeln. Ich bin bekennende Schönwetter-Fahrerin. Also: Ab zum Bahnhof Hervest. Wozu bezahle ich schließlich jeden Monat mein Ticket-Abo?

18.57 Uhr: Ankunft am Bahnhof. Zum Gleis führen zwei Treppen. Zwei ziemlich eindrucksvolle Treppen. „Barrierefreiheit“ ist ein Konzept, das Dorstener eher vom Hörensagen kennen.

18.59 Uhr: Ankunft am Gleis. Verdammt – das Fahrrad wirkt gar nicht so schwer und sperrig, wenn man draufsitzt. Musste mich aber nicht hetzten, der Zug fährt erst um 19.06 Uhr.

19.01 Uhr: Eine Durchsage. „Die NWB 75364 nach Borken hat voraussichtlich 15 Minuten Verspätung aufgrund einer Störung im Betriebsablauf.“ Die anderen Fahrgäste sind ähnlich begeistert wie ich.

19.03 Uhr: Erneute Durchsage der charmanten weiblichen Computerstimme. Die Bahn hat die Verspätung auf 25 Minuten heraufgesetzt. Habe allmählich Hunger und somit natürlich entsprechend schlechte Laune.  In etwas mehr als 25 Minuten könnte ich auch mit dem Rad zuhause sein. Ich wäre nass, bekäme aber immerhin zu essen. Wer weiß, wie lange die Verspätung wirklich dauert… Schleppe mein Fahrrad also wieder zwei Treppen runter.

19.20 Uhr: Bin in Deuten. An mir fährt der Bus vorbei, in den ich bequem hätte steigen können, wenn ich mein Rad einfach an der Buchhandlung hätte stehen lassen. Der Regen nimmt zu. Ich steuere den Bahnhof des Dörfchens an, vielleicht warte ich doch lieber auf die NordWestBahn.

19.24 Uhr: Am Bahnhof kann man sich wenigstens unterstellen. Die Informationstafel zeigt an, dass der Zug nach Borken 25 Minuten später abfährt. Also gegen 19.35 Uhr. Da warte ich doch gern die zehn Minuten!

19.35 Uhr: Kein Zug in Sicht. Keine neue Auskunft, auf der Tafel wird nur noch die Zeit angezeigt. Danke!! Eine Uhr habe ich selbst!!!

19.40 Uhr: Schwinge mich wieder aufs Rad. Wer weiß, ob der Zug überhaupt noch kommt. Die ganze Situation gleitet langsam ins Kafkaeske.

19.55 Uhr: Komme platschnass an. Enorm schlechte Laune, hätte eigentlich schon um viertel nach sieben zuhause sein sollen. Meine Regenjacke muss dringend mal wieder imprägniert werden, stelle ich fest.

Werde von meinem erstaunten Ehemann erwartet, der seit 19.15 Uhr zuhause ist. Er saß warm und trocken in der NWB 75364 nach Borken und hat nichts von einer Störung des Betriebsaublaufs mitbekommen. Ich habe das dringende Bedürfnis, körperliche Gewalt gegen die Verantwortlichen bei der NordWestBahn anzuwenden.

Spätabends liege ich im Bett und sinniere: Vielleicht wollte ja einfach nur ein gelangweilter Mitarbeiter die Fahrgäste mal richtig foppen? Oder es ist eine neue PR-Strategie: Man sagt eine deutliche Verspätung an – und dann freuen sich die Leute wie Bolle, wenn der Zug trotzdem pünktlich ist. Zumindest die, die am Bahnsteig ausharren.

* Diese Schreibweise ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern offiziell, siehe www.nordwestbahn.de

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