Dani Atkins: Die Achse meiner Welt

Atkins_AchseLiebesgeschichten junger Leute (damit meine ich alle unter Vierzig) interessieren mich meist nicht so besonders. Trotzdem habe ich dieses Buch gelesen, weil der Plot originell ist und ich wissen wollte, wie die Autorin die Handlung zu einem einigermaßen schlüssigen Ende bringt…

Die Situation: Rachel und ihre Freunde wollen ihren Schulabschluss feiern, da passiert ein schrecklicher Unfall. Ihr bester Freund stirbt, sie selbst wird durch eine Narbe im Gesicht entstellt. Auch ihre Beziehung zu ihrem Schwarm Matt zerbricht an diesem Trauma.

Als sie fünf Jahre später stürzt und bewusstlos wird, wacht sie jedoch in einer anderen Realität auf: Jugendfreund Jimmy lebt noch und ist Polizist geworden, sie ist mit Matt verlobt und hat eine tolle Wohnung und einen Traumjob. Es gibt keine Belege dafür, dass die letzten Jahre so waren, wie sie sie in Erinnerung hat. Die Psychologen sprechen von Amnesie. Doch Rachel will mit Jimmy zusammen das Geheimnis lüften…

Natürlich verrate ich an dieser Stelle nichts weiter, sonst kann man sich das Lesen sparen.

Das Buch ist eine nette Urlaubslektüre für junge Romantikerinnen. (Mich erstaunte nur, dass die ProtagonistInnen alle mit gerade mal dreiundzwanzig Jahren schon ihr Studium abgeschlossen haben, mitten im Arbeitsleben stehen und verlobt sind bzw. Hochzeiten planen… Ist das in England so üblich?)

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Tanguy Viel: Das Verschwinden des Jim Sullivan

Viel_VerschwindenDer Erzähler in Viels neuem Buch sinniert darüber, was er schreiben würde, um einen „großen amerikanischen Roman“ zu verfassen. Die Hauptfigur steht schon fest: Dwayne Koster ist ein Verlierer-Typ. Ein geschiedener Literaturprofessor, dem sein Leben entglitten ist und der sich von einem Verwandten in illegale Geschäfte verwickeln läßt.

Außerdem braucht der Roman einen typisch amerikanischen Schauplatz, in diesem Fall die einstige Automobil-Metropole Detroit. Und es müssen historische Bezüge hergestellt werden: Als die Schüsse auf Kennedy fallen, ertappt der junge Dwayne Koster seine Mutter mit einem fremden Mann im Bett. Auch der Vietnamkrieg und 9/11 werden in die Handlung mit einbezogen.

Ich finde die Idee überaus originell, obwohl ich zwischendurch das Gefühl hatte, der Ich-Erzähler (und vielleicht sogar der Autor) machen es sich etwas zu leicht mit der Häme in Bezug auf erfolgreiche amerikanische Romane. Da ich selbst eine Vorliebe habe für Literatur aus dem britischen und amerikanischen Raum, war ich manchmal ein bisschen pikiert. Man könnte Tanguy Viel möglicherweise einen gewissen Neid unterstellen…

Was mir auch den Lesespaß ein wenig verdorben hat, ist die fahrige Erzählweise. Sie ist wunderbar passend, da ja der Gedankenstrom des Erzählers wiedergegeben wird – aber mich hat sie zeitweise einfach nur genervt.

Fazit: Gutes Buch – aber nicht für mich. Die Franzosen und ich, wir kommen wohl nicht mehr zusammen 😉

(Es sei denn, Fred Vargas würde mal endlich mit einem neuen Roman zu Potte kommen!!)

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Sofie Oksanen: Als die Tauben verschwanden

Oksanen_TaubenAn Sofi Oksanen, der Hochgelobten, bin ich kläglich gescheitert. Ich habe mich bis in die zweite Hälfte des Buches durchgekämpft, mich wie durch sumpfiges Gelände von Seite zu Seite geschleppt und letztendlich das Buch erschöpft beiseite gelegt.

Dabei erzählt Oksanen ein dramatisches Kapitel der Geschichte Estlands. Im Mittelpunkt des Romans steht der gewissenlose Kollaborateur Edgar, der sich sowohl bei den Nazis als auch später bei den russischen Besatzern einschleimt. Dabei nimmt er weder auf seinen Ziehbruder noch auf die eigene Ehefrau Rücksicht. Im Gegenteil: Als er unter sowjetischer Herrschaft befürchten muss, dass seine Vergangenheit zutage kommt, sorgt er dafür, dass es keine Zeugen mehr gibt…

Ich bin sicher, dass der Roman in den Feuilletons gut besprochen wird, immerhin ist Finnland diesmal Gastland auf der Buchmesse und die junge Autorin ein Literatur-Star!

Aber mir geht es mit Sofi Oksanen wie mit Herta Müller: Beides sind zweifellos wichtige und anspruchsvolle Autorinnen – und ich habe so gar keine Lust, sie zu lesen….

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Kristof Magnusson: Arztroman

Magnusson_ArztSein Buch „Das war ich nicht“ hat mich begeistert (und mir eine kurze Zeit lang den Eindruck vermittelt, ich hätte einige Hintergründe der Wirtschaftskrise samt Immobilienblase verstanden).

Der neue Roman von Kristof Magnusson ist ganz anders, aber nicht weniger faszinierend – gibt er doch einen sehr authentischen Einblick in die Arbeit einer Notärztin.

Anita Cornelius übt ihren Beruf mit Sachverstand und Leidenschaft aus. Leider gerät ihr Privatleben aber immer mehr außer Kontrolle. Die neue Lebensgefährtin ihres Mannes stellt ihr Vorhaben, weiter freundschaftlich miteinander umzugehen, auf eine harte Probe. Und zu ihrem Kummer scheint sich auch ihr vierzehnjähriger Sohn immer weiter von ihr zu entfernen.

Als sie ihren Ex-Mann von Narkosemitteln betäubt auf einer Krankenhaustoilette findet, gerät die Situation vollends außer Kontrolle…

Magnussons klare und schnörkellose Sprache macht den Roman richtig gut lesbar. Außerdem hat er offensichtlich viel Zeit in die Recherche investiert – man hat als Laie den Eindruck, ein Mediziner hätte dieses Buch verfasst. Respekt!

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Anne von Canal: Der Grund

Canal_GrundWie geht man mit übergroßer Trauer um? Wie oft kann man im Leben noch einmal neu anfangen?

Behutsam schildert Anne von Canal die Einsamkeit und den Kummer eines Mannes, dem immer wieder abhanden kommt, was er am meisten liebt.

Als junger Mann lebt Laurits für das Klavierspiel. Doch sein überaus dominanter Vater hat andere Pläne für ihn. Schließlich, nach einem misslungenen Vorspiel, beugt sich Laurits dem Willen des Vaters und studiert Medizin. Jahre später erfährt er jedoch, dass sein Vater auf hinterhältige Weise in seine Zukunft eingegriffen hat. Und auch das Familienleben, in dem er bis dahin Glück und Trost gefunden hat, endet auf schreckliche Weise.

In einem Puzzle aus Tagebuch-Eintragungen und verschiedenen Zeitebenen nähert sich Anne von Canal dieser tragischen Hauptfigur. Keine einfache Kost, aber ein sehr lesenswertes Buch!

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Hanne-Vibeke Holst: Das Mädchen aus Stockholm

Holst_StockholmEin mehr als seltsamer Generationen-Roman!

Die dänischen Zwillinge Leo und Leif wachsen in einem Pfarrhaus auf und erleben als Kinder den Widerstand gegen die deutschen Besatzer, dem sich auch ihr Vater anschließt. Nach dem Krieg, in den 1950er Jahren, verlieben sich beide in ein schwedisches Mädchen. Nur durch eine Lüge gewinnt Leo Ninni für sich.

Auf der anderen Zeitebene, in der Gegenwart, steht ein Mutter-Tochter-Konflikt im Mittelpunkt. Ninnis Tochter Helena ist eine erfolgreiche Operndirektorin, die leider zu ihrer eigenen Tochter, Sophie, kein gutes Verhältnis hat. Sophie fühlt sich nach der Trennung der Eltern von ihrer Mutter im Stich gelassen.

Als sie zusammen mit ihrem neuen Freund Khalil Helena in Berlin besucht, kommt es zu ungeahnt dramatischen Szenen…

Ich bin über mich selbst erstaunt, dass ich wirklich bis zum Ende durchgehalten habe. Besonders die Handlung in der Gegenwart ist dermaßen haarsträubend… Selbst das unpassende Cover nervt. Nee, muss man nicht lesen!

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Anthony Doerr: Alles Licht, das wir nicht sehen

Doerr_LichtFrankreich im Zweiten Weltkrieg: Die sechzehnjährige Marie-Laure, die als kleines Mädchen erblindet ist, musste mit ihrem Vater von Paris nach Saint Malo fliehen, wo sie bei einem Verwandten  Unterschlupf finden. Der Vater hat eine Kostbarkeit aus Paris mitgebracht: Sein Arbeitgeber, ein Museumsdirektor, vertraute ihm einen wertvollen, sagenumwobenen Edelstein an. Das führt einen Nazi-Offizier auf die Spur von Vater und Tochter.

In einem parallelen Handlungsstrang wird die Geschichte des jungen Werner aus dem Ruhrgebiet erzählt, der mit seiner Schwester in einem Waisenhaus lebt. Sein technischer Sachverstand ermöglicht ihm den Besuch einer Elite-Schule der Nazis. Nach seiner Ausbildung wird er damit beauftragt, feindliche Sender ausfindig zu machen. So gelangt auch er schließlich nach Saint Malo.

Beide Erzählstränge laufen auf ein Zusammentreffen dieser beiden jungen Leute hinaus, das den dramatischen Höhepunkt des Buches bildet. Trotz der verschiedenen Handlungen und Zeitebenen ist es recht flüssig zu lesen.

Natürlich lassen sich Romane schlecht miteinander vergleichen. Aber wenn es um Geschichten geht, die den Krieg aus der Sicht von Jugendlichen schildern, würde ich eher „Die Bücherdiebin“ von Marcus Zusak empfehlen.

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Ulla-Lena Lundberg: Eis

Lundberg_EisDie Geschichte eines sympathischen Pfarrers, der auf einer Insel im äußeren Schärengarten seine Berufung findet: Ein Bestseller aus Finnland!

Der Zweite Weltkrieg ist gerade vorbei, das Leben ist nicht einfach auf den kargen Felseninseln, die abseits der Schiffsrouten zwischen Schweden in Finnland liegen. Trotzdem machen Pfarrer Kummel und seine Familie das beste aus der Situation. Bald wächst ihnen die Gemeinde, die sie herzlich willkommen hieß, ans Herz. Doch ihr bescheidenes Glück ist zerbrechlich…

Lundberg erzählt vom unspektakulären Alltag, vom Glück und von den Herausforderungen des Familienlebens. Man taucht ein in eine Welt, die ganz und gar vom Meer und vom Wetter geprägt ist, in der die Menschen leicht zu Spielbällen der Elemente werden. Ein ruhig und geradezu altmodisch erzähltes, aber dennoch fesselndes Buch. Ein Tipp für alle, die z.B. „Hannas Töchter“ von Marianne Frederiksson mochten.

 

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Veronique Olmi: Das Glück, wie es hätte sein können

Olmi_Glueck„Meeresrand“ von V. Olmi war eines der traurigsten Bücher, das ich je gelesen habe, aber auch sehr beeindruckend. Das von Christine Westermann im wdr so hochgelobte neue Buch hat mich allerdings eher kalt gelassen.

Zum Inhalt: Der wohlhabende Serge lebt mit seiner jüngeren Frau und zwei Kindern in Paris. Nach außen wirken sie wie eine Bilderbuch-Familie, doch dann begegnet Serge der Klavierstimmerin Suzanne und beginnt eine Affaire mit ihr. Die beiden kommen sich sehr nahe und können Dinge miteinander teilen, die sie ihren jeweiligen Partnern niemals anvertraut hätten. Doch letztendlich will Serge seine Familie nicht aufgeben…

Es gibt in dem Buch einige wunderbare Szenen, besonders die um Serges Sohn, aber insgesamt hat mich die Handlung nicht gefesselt. Ich kann gar nicht genau sagen, was mich an dem Buch stört – es wird sicherlich ein Erfolg, ich kann mir vorstellen, dass es auf der Bestseller-Liste landet.

(Wahrscheinlich ist es sogar ein gutes, lesenswertes Buch, mit dem ich persönlich einfach nichts anfangen kann. Das kommt häufiger vor im Buchhändlerinnen-Leben…)

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Arturo Perez-Reverte: Ein Stich ins Herz

Perez_StichNun, auch das passiert leider ab und zu: Man liest freudig, dass ein Lieblingsautor ein neues Buch herausbringt, und dann kommt einem der Inhalt aber schon irgendwie bekannt vor…

„Ein Stich ins Herz“ ist vor etlichen Jahren schon einmal unter dem Titel „Der Fechtmeister“ erschienen. Ich habe es neulich noch einmal überflogen und bin immer noch der Meinung, dass es mit „Der Club Dumas“, „Das Geheimnis der schwarzen Dame“ und „Jagd auf Matutin“ nicht mithalten kann.

Außerdem klingt der Klappentext nun auch noch nach einer Liebesgeschichte! Dabei geht es eher um eine politische Intrige, die der Hauptfigur, dem Fechtmeiser Don Jaime Astarloa, zum Verhängnis wird. Die Hauptrolle dabei spielt seine schöne Schülerin, die begnadete Fechterin Adela…

Nette Urlaubslektüre, wenn man sich auch ein wenig für spanische Geschichte (der Roman spielt 1868) interessiert…

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