Peter Stamm: Die sanfte Gleichgültigkeit der Welt

„Und am Ende seines Romans sind Autor und Protagonist, Schreiber und Geschriebenes nicht mehr voneinander zu unterscheiden. Ein betörend verwirrendes Buch.“

Soweit die Rezensentin Hannah Schmidt in „Zeit online“

Ich fand das Buch sehr wohl verwirrend, das Betörende ist mir entgangen.
Natürlich hat Peter Stamm einen exzellenten Stil, aber die Handlung war für mich nicht nachvollziehbar und die Figuren haben mich in keiner Weise interessiert. Gut, dass es so ein schmales Bändchen ist.
In der Bewertung vergebe ich trotzdem ein „durchaus lesenswert“, denn „Wenn ein Buch und ein Kopf zusammenstoßen und es klingt hohl, ist das allemal im Buch?“ (G.C.Lichtenberg)

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Emily Ruskovich: Idaho

Ein intensives, teilweise beklemmendes Buch!
Am Anfang steht ein unbegreifliches Verbrechen. Jenny, Mutter von zwei Töchtern, bringt an einem Sommertag eines ihrer Kinder um, das andere verschwindet im Wald und wird nie gefunden.
Niemand kann sich diese schreckliche Tat erklären – auch nicht ihr Ehemann Wade.
Jahre später ist Wade in zweiter Ehe verheiratet. Wie auch sein Vater, leidet er schon in seinen Fünfzigern unter einer beginnenden Demenz. Seine Frau Ann ist hin- und hergerissen: Ist das Vergessen für Wade nicht auch ein Geschenk? Kann er glücklicher sein, wenn er nicht mehr weiß, das er einst zwei Kinder verloren hat?
Kein Buch für Menschen, die klare Antworten brauchen. Vieles in diesem Roman bleibt unerklärlich, nicht zuletzt Jenny Tat.
Trotzdem zieht einen dieser Roman unweigerlich in seinen Bann. Ruskovich erreicht eine schon fast erschreckende Intensität in der Schilderung von Natur und Menschen.
So etwas liest man nicht alle Tage!

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Romy Fölck: Totenweg

Als die junge Polizistin Frida Paulsen hört, dass ihr Vater überfallen wurde, kehrt sie sofort auf den elterlichen Hof in den Elbmarschen zurück.
Dort herrscht Unruhe: War der Überfall auf den alten Paulsen ein Mordversuch?
Der ermittelnde Beamte, Kommissar Haverkorn, hat ein besonderes Interesse nicht nur an diesem Fall, sondern auch an Frida. Denn die junge Frau war fast zwanzig Jahre zuvor in einen Mordfall verwickelt: Sie fand die Leiche ihrer Freundin.
Haverkorn war damals überzeugt, dass seine junge Zeugin ihm etwas verschwieg. Wieder verbeißt er sich in den alten Fall und löst damit neue Gefahren aus.
Ein spannender, atmosphärischer und grundsolider Krimi – man darf auf den nächsten Fall für Haverkorn und Paulsen gespannt sein!

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Minette Walters: Die letzte Stunde

Ein neues Buch von Minette Walters, vor vielen Jahren eine meiner liebsten Krimi-Autorinnen („Die Schandmaske“, „Im Eishaus“).

Walters legt diesmal einen historischen Roman vor, in dem allerdings auch ein Mord aufzuklären ist. Die Handlung spielt in Südengland im 14. Jahrhundert, während eines Pestausbruchs.

Von der Küste her zieht die Seuche über das Land, allein das kleine Anwesen Develish wird verschont. Denn hier sorgt die Herrin Lady Anne in Abwesenheit ihres Gatten dafür, dass die Zugbrücke hochgezogen bleibt und kein Fremder die Burg betritt. Schon bald begreifen sich die Bewohner als Schicksalsgemeinschaft – auch wenn manche Lady Anne grollen, da sie Hierachien aufweicht und einen Mann niederer Geburt zum Verwalter macht.
Als dann ein junger Mann ermordet aufgefunden, droht die Gemeinschaft zu zerbrechen…
Ein toller historischer Krimi, spannend und unterhaltsam!

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Camilla Läckberg: Die Eishexe

Da es in diesem Jahr mit dem Urlaub in Bohuslän nichts wird, habe ich zum Trost wenigstens den neuen Fjällbacka-Krimi gelesen.

Wie immer ermittelt neben Kommissar Patrick Hedström und seinen Kollegen auch Patricks Ehefrau Erika Falck.
Diesmal geht der Fall dem erfahrenen Polizisten und engagierten Vater unter die Haut: ein kleines Mädchen wird vermisst.
Dreißig Jahre zuvor verschwand vom selben Bauernhof schon einmal ein Kind, das später tot aufgefunden wurde.
Für die Polizei und die verzweifelten Eltern zählt jede Stunde, doch die Suche bleibt lange erfolglos…
Natürlich darf man bei einem Krimi nicht zuviel verraten. Generell kann man Camilla Läckbergs Bücher gut lesen. Sie sind ordentlich konstruiert, locker geschrieben und haben mit dem Schriftstellerin/Polizisten-Ehepaar Patrick und Erika ein äußerst sympathisches Ermittler-Duo.

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Anne von Canal: Whiteout

Drei Kinder bildeten eine verschworene Gemeinschaft: Die Ich-Erzählerin, Hanna, ihr Bruder Jan und die Freundin Frederike, genannt Fido.
Lange hat Hanna nicht mehr an Fido gedacht. Nach dem Abitur wollten sich die Freundinnen zusammen eine Wohnung suchen, doch Fido verschwand plötzlich und ohne Erklärung aus dem Leben von Hanna und Jan.
Auf einer Forschungsexpedition in der Antarktis erreicht Hanna eine Mail von Jan, in der er knapp vom Tode Fidos berichtet.
Während ein Schneesturm über die Forschungsstation zieht und Hannas Projekt kurz vor dem Scheitern steht, erinnert sie sich an die Freundin aus Kindertagen…
Psychologisch spannend und gekonnt erzählt!
Anne von Canal nähert sich einer schmerzhaften Frage: Wie geht man damit um, wenn ein geliebter Mensch einfach und ohne Erklärung den Kontakt abbricht?

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Sarah Perry: Die Schlange von Essex

Im Jahr 1893 zieht die frisch verwitwete Cora Seaborne von London ins ländliche Essex.
Ihr Sohn Francis ist ein schwieriges Kind, ihre Ehe war lieblos.
Sie hofft, in der Abgeschiedenheit des kleinen Ortes Aldwinter ein angenehmeres Leben führen zu können. Als begeisterte Darwin-Anhängerin ist sie fasziniert von der „Schlange von Essex“, einem Ungeheuer, das nach Jahren angeblich wieder aufgetaucht sein soll. Cora vermutet hinter den Gruselgeschichten der Dorfbewohner eine noch nicht bekannte Tierart.
Als Verfechterin der Evolutionstheorie gerät sie mit dem Pfarrer William Ransome aneinander. Beide sind in rein gar nichts einer Meinung, trotzdem fühlen sie sich zueinander hingezogen. Doch William ist verheiratet, Cora kann nicht auf mehr als Freundschaft hoffen.
Als ein Dorfbewohner tot aufgefunden wird und ein Mädchen verschwindet, gerät das sonst so ruhige Aldwinter in Aufruhr. Und Cora und William merken, dass sie einander mehr bedeuten als erlaubt…

Ein wunderbarer Schmöker für dunkle Wintertage! Das Buch wurde in diesem Jahr mit dem Britischen Buchpreis ausgezeichnet.

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Graham Norton: Ein irischer Dorfpolizist

Duneen ist ein kleines Dorf im Süden Irlands. Jeder kennt jeden und das Leben ist nicht gut, aber recht friedlich. Man könnte auch sagen: ereignislos. Daher hat es der übergewichtige Sergeant PJ Collins auch nicht leicht, als eines Tages bei Bauarbeiten auf einer Farm ein menschliches Skelett gefunden wird, offensichtlich Opfer einer Gewalttat.
Denn niemand traut Collins zu, dass er den Fall lösen kann, auch nicht der Cork hinzu gezogene Superintendent Linus Dunne.

Das ganze Dorf geht davon aus, dass die sterblichen Überreste von Tommy Burke sind, der zwanzig Jahre zuvor plötzlich verschwand, nachdem seine Verlobte und seine Geliebte öffentlich aneinander gerieten. PJ wird an den Ermittlungen beteiligt, da die Dorfbewohner die Polizisten „aus der Stadt“ nicht schätzen. Und siehe da: Nach und nach deckt er so manches Geheimnis auf…
Kritiker loben die irische Atmosphäre und den sympathischen Ermittler. Naja. Das Buch wird seine Leser finden, da bin ich sicher. Bei mir hat es allerdings keine Begeisterung ausgelöst.

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Virgenie Despentes: Das Leben des Vernon Subutex

Französische AutorInnen (bis auf Fred Vargas natürlich) stehen meist nicht besonders weit oben auf meiner Lesewunschliste.

Eher zufällig habe ich also in „Das Leben des Vernon Subutex“ hineingeschaut – und bin sofort „angefixt“ gewesen. Wenn man von einem Buch, dessen Thema einen eigentlich überhaupt nicht interessiert, so gefesselt ist, kann man der Autorin nur Respekt zollen!

Zum Inhalt:
Vernon Subutex, ein plötzlich obdachlos gewordener ehemaliger Plattenladen-Besitzer, sucht ehemalige Freunde und Bekannte auf, um bei ihnen unterzukommen. Seit den „goldenen“ 1990er Jahren hat sich viel verändert, der Ton ist rauer geworden.
Viele Erzählstimmen bilden ein Panorama der heutigen (französischen) Gesellschaft und ersetzen eine Handlung im eigentlichen Sinn. Sie bilden einen Chor der Erfolgreichen und Gescheiterten, der Rechten und Gewalttätigen, der Suchenden und Einsamen – und mittendrin befindet sich Vernon Subutex in seiner Abwärtsspirale, die er seltsam stoisch durchlebt.
Großartiges Buch, zurecht gefeiert!

 

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Leila Slimani: Dann schlaf auch du

Was für ein Buch!
Im letzten Jahr bekam Leila Slimani für diesen Roman Frankreichs renommiertesten Literaturpreis, den Prix Goncourt. Jetzt ist die deutsche Übersetzung erschienen.

Das Buch beginnt absolut schockierend: In nüchternem Ton wird vom Tod zweier kleiner Kinder erzählt, ermordet von ihrem Kindermädchen.
Wie konnt es zu dieser furchtbaren Tat kommen?
Hier erweist sich Slimani als eine großartige Erzählerin, die mit viel Einfühlungsvermögen von Menschen erzählt, die wir als „Monster“ wahrnehmen. Überhaupt hat sie einen scharfen Blick auf gesellschaftliche Zustände, auf die Zumutungen und Brüche im Leben derer, die sozial abgehängt werden.
Eine ungeheure, erschütternde Geschichte! Aber dennoch ein Buch, das ich nur empfehlen kann.

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