E.L. James: Shades of Grey

Keine Panik! Natürlich habe ich die Bücher nicht gelesen, ich wollte nur meine Fangemeinde erschrecken… (Hej Klaus!)

Tatsächlich benutze ich diesen Artikel, um doch noch Dampf abzulassen. Zwar hat die Hysterie um diese schlecht geschriebenen Billigsoftpornos nachgelassen, aber die drei Machwerke stehen immer noch hochplaziert auf der Bestsellerliste und ein paar Nachzüglerinnen kaufen sie nach wie vor.

Zum Beispiel heute wieder. Ich weiß, dass man als Buchhändlerin völlig neutral bleiben sollte, aber manchmal sträuben sich bei mir bei der Frage „Und? Haben Sie die auch schon gelesen?“ einfach die Nackenhaare. Als im Ruhrgebiet sozialisierter Mensch schwebt mir da spontan eine deutliche Antwort vor. Die ich aus Höflichkeit natürlich nur denke. Prinzipiell freuen sich Buchhändlerinnen über jeden Kunden, der noch Buchhandlungen betritt und so hilft, die kargen Lebensbedingungen dieser gefährdeten Spezies zu verbessern. Danke an all diese wunderbaren Menschen!

AB HIER NICHT WEITERLESEN, WENN SIE „SHADES OF GREY“ GEKAUFT HABEN!

Aber jetzt mal ganz unter uns: Muss es wirklich so ein dämlicher Mist sein? Wenn ich auf einer einsamen Insel mit nur einem einzigen Buch von E.L. James landen würde, wäre ich froh darüber, nicht Palmenblätter als Toilettenpapier benutzen zu müssen, um es mal vorsichtig auszudrücken. Ich habe wirklich nichts gegen Unterhaltungsliteratur, aber es sollte für gestandene, intelligente Frauen  – und auch für die weniger intelligenten – doch Grenzen geben! Wenn die Welt eines nicht mehr braucht, dann diese doofen Märchenprinz-Geschichten, in denen die Protagonistinnen jung(fräulich), naiv und ungeschickt sind und dann an einen gutaussehenden, reichen Millionär geraten.

Ich konnte schon „Pretty Woman“ nicht ausstehen, aber diese Grey-Saga schlägt doch nun echt dem Fass den Boden aus! Jetzt reicht es für die Frau nicht mehr aus, jung und schön, tugendhaft und naiv zu sein, um den Märchenprinzen zu bekommen – sie muss sich auch noch fesseln und prügeln lassen!

Im 21. Jahrhundert sollte sich doch allmählich die Vorstellung von einer Beziehung auf Augenhöhe durchgesetzt haben. Mit Hedwig Dohm möchte ich meinen Geschlechtsgenossinnen zurufen: „Mehr stolz, Ihr Frauen!“ Bei mir löst diese neue Unterwürfigkeits-Mode den heftigen Drang aus, mich beim Boxen anzumelden – dabei würden das meine Gelenke gar nicht mehr mitmachen (von der Kondition mal ganz zu schweigen…)

P.S.: Alice Schwarzer fand die Bücher nicht ärgerlich, sondern hat sie in der EMMA als harmloses „Liebesmärchen“ bezeichnet. Aber wer sogar Werbung für die Bildzeitung macht, taugt nur bedingt zum Maßstab in solchen Fragen…

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